Über den Acker zum Parteitag – Die AfD beschließt ihre Normalität
10. April 2021 - 17:19 Uhr
In den Morgenstunden blockierten unterschiedliche Gruppierungen den AfD-Präsenzparteitag und behinderten damit die Anreise zeitweise erheblich. Zahlreiche Blockaden auf den Zufahrtsstraßen zum Parteitagsgelände führten dazu, dass der überwiegende Teil der Delegiert:innen über die Wiese in der Flutrinne zu ihrem Bundesparteitag anreisen mussten. Ein Bild, das Partei und Stadt wohl gern vermieden hätten.
Während andere Parteien in Zeiten der Pandemie in den digitalen Raum wechselten und auf die angespannte Corona-Lage reagierten, hielt die AfD zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit in der Messe Dresden einen Präsenzparteitag ab. Jedoch blieb dieser Bundesparteitag für die AfD nicht ohne Protest. Den Anfang machte eine Baum- und Kletterblockade auf der Pieschener Allee, begleitet von einer Sambagruppe aus dem Umfeld von Ende Gelände Dresden. Zeitgleich versammelten sich sowohl im Dresdner Stadtteil Löbtau, als auch in der Neustadt am Jorge-Gomondai-Platz Menschen zu einer Kundgebung.
Kurz vor 8 Uhr setzte sich aus der Neustadt eine etwa 100 Menschen große Fahrrademo in Richtung der Messe in Bewegung. Mit Verweis auf die Corona-Pandemie, hatte die Versammlungsbehörde Dresden noch am Vortag versucht, die Fahrraddemonstrationen zu untersagen. Das Verwaltungsgericht Dresden kippte diese Entscheidung jedoch am Freitagabend. Die Demonstration aus der Neustadt musste zugelassen werden, wenn auch mit einer Änderung der Route. Für den Demonstrationszug aus Löbtau blieben die Auflagen bestehen: Ohne Klage vor dem Verwaltungsgericht war nur eine stationäre Kundgebung möglich. Dabei machten die Organisator:innen im Vorfeld deutlich, dass sie Corona nicht auf die leichte Schulter nehmen:
„Wir wissen um die angespannte Pandemie-Lage. Dennoch sind wir der Meinung, dass den Faschist:innen der AfD Kontra gegeben werden muss, und das in Sicht- und Hörweite.Die Menschen, die wir ansprechen, haben die letzten Monate gezeigt, dass sie sich verantwortungsvoll, solidarisch und pandemiegerecht verhalten. Auch auf Demonstrationen und Kundgebungen. Das werden wir auch kommenden Samstag wieder unter Beweis stellen. So werden wir als Orga-Crew mit gutem Beispiel voran gehen und uns vorher testen lassen und nur mit negativem Test partizipieren.„
Ebenfalls um 8 Uhr startete direkt vor dem Eingang ins Messegelände eine Gegenkundgebung unter dem Motto „AfD Stoppen“, die von unterschiedlichen Initiativen getragen wurde. Den Aufruf unterschrieben unter anderem die Seebrücke Dresden, Fridays for Future Dresden, der Sächsische Flüchtlingsrat, Jusos und Linksjugend. „Auf Nazis verzichten wir“, war auf einem großen Transparent über dem Parkplatz der AfD zu lesen.
Wenig später blockierten einige Teilnehmende der Fahrraddemo die Zufahrt zur Pieschener Allee und machten so erstmals die Hauptzufahrt zum Parteitagsgelände dicht, wenig später bildeten sich auch auf der zweiten Zufahrt hinter der Schlachthofstraße eine Sitzblockade. Die befestigten Anreisewege zum Bundesparteitag waren damit vollständig blockiert. Die Polizei Sachsen brach ein Tor auf, um eine Zufahrt über die Wiese der Flutrinne zu öffnen. Ein Großteil der AfDler gelangte nach einem kurzen Offroad-Trip über die unbefestigte Wiese zum bewachten Parkplatz. Unterdessen ließ sich die Parteiprominenz um Alexander Gauland, Beatrix von Storch sowie Björn Höcke & Co u.a. von LKA und BKA direkt vor dem Eingang zur Messehalle 1 absetzen.
Später sickerten immer mehr Fahrradfahrer:innen und Protestierende auf die Wiese. Für ein paar AfD-Delegierte gestaltete sich die Anreise über die Wiese zu einem Katz- und Mausspiel – sehr zur Erheiterung der Gegenkundgebung. Immer wieder gelang es den Antifaschist:innen, die Einfahrt zur Wiese zu blockieren. Jedoch schritt hier die Polizei konsequent ein und räumte die Sitzblockaden.
Auf der Gegenkundgebung thematisierten Redebeiträge die rassistische und menschenverachtende sowie demokratiegefährdende Politik der AfD. Die bereitete sich mit diesem Parteitag auf den anstehenden Bundestagswahlkampf vor. Die großen Debatten, etwa um die Abwahl des derzeitigen Vorsitzenden Meuthen und die Spitzenkandidatur, sagte die Partei ab. Stattdessen präsentierte man mit dem Slogan „Deutschland. Aber normal.“ den Kurs für die Bundestagswahl. Die Partei setzt auf Selbstverharmlosung, um ein breites Wähler:innen-Klientel zu erreichen. Dahinter stehen aber weiterhin Hass und Hetze: „Wer es immer noch nicht kapiert hat: Es ist die Absage an eine offene und pluralistische Gesellschaft, die Äußerung der Sehnsucht nach der Neuauflage der Barbarei“, stellte die Sprecherin des antifaschistischen Bündnisses Rosa v. Striesen klar.
Zum Protest hatte sowohl ein Bündnis antifaschistischer Gruppen aus Antifaschistische Initiative Löbtau, Undogmatische Radikale Antifa Dresden, Hope – Fight Racism sowie Ende Gelände Dresden und Antifaschistische Jugend Dresden aufgerufen. Das antifaschistische Bündnis zog ein positives Fazit: „Wir werten die Proteste am heutigen Tag als ein großen Erfolg. Wir haben mit 150 Antifaschist*innen die Anreise der AfD erheblich gestört. Dass die Delegierten nur über die Flutrinne zur Messe kommen konnten, ist ein deutliches Zeichen dafür, dass die Polizei Probleme hatte, eine reibungslose Ablauf zu ermöglichen. Wir haben zum Ausdruck gebracht, dass wenn die Stadt die AfD einlädt, sie damit rechnen muss, dass es Widerstand gibt und die faschistische Hetze der AfD nicht tatenlos hingenommen wird. Besonders gefreut haben wir uns auch über die Baum-Kletter-Aktion. Großen Respekt an die Aktivist*innen für die gelungene Aktion. Es hat gezeigt, wie vielfältiger Antifaschistischer Protest aussehen kann. Uns bleibt nur zu sagen: Danke Antifa!“
Zu jedem Zeitpunkt befanden sich die Blockaden ausschließlich auf Zufahrtswegen zum Parteitagsgelände und eine Anreise zum Impfzentrum war jederzeit möglich, dies bestätigte auch die Polizei Sachsen in einer Meldung. Sie war nach eigenen Angaben mit 720 Beamt:innen im Einsatz.
Bildquelle: vue.critique
Veröffentlicht am 10. April 2021 um 17:19 Uhr von Redaktion in Antifa